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Weiler Zeitung Kandern, 05.08.2013

Vom Daumeling, Fuchs und Gänsen



Mit hinreißendem mimischen Ausdruckspotenzial servierten die „Schwestern Grimm“ Gabi Altenbach und Katharina Ritter beim Erzählmarathon im Riedlinger „Theater im Hof“ die Kinder- und Hausmärchen von Nummer 45 bis 86 nacheinander. Foto: Walter Bronner

Kandern-Riedlingen (bn). „Hans Dumm“ ist laut Nummer 54 der ersten Gesamtausgabe der Grimm’schen Märchensammlungen nicht nur beschränkt, sondern auch unansehnlich, kann aber zaubern und jubelt der ihn verspottenden Königstocher per magischer Fernübertragung ein Kind unter, wird zwangsverheiratet und nebst Gattin und Söhnchen in einem Fass auf dem Meer ausgesetzt, woraufhin es schnurstracks dem Happy End zugeht.

Denn die kluge Verstoßene kann ihren tumben Gatten etappenweise überreden, das Fass in ein stolzes Schiff, die Strandhütte in ein prächtiges Schloss und sich selbst in einen blitzgescheiten Beau zu verwandeln. Und so lebten sie denn reich und glücklich bis an ihr seliges Ende.

In den späteren Gesamtausgaben von Jakob und Wilhelm Grimms Kinder- und Hausmärchen kommt „Hans Dumm“ nicht mehr vor, aber die jetzt zum zweiten Male im Riedlinger Theater im Hof als Else und Trine agierenden „Schwestern Grimm“, Gabi Altenbach und Katharina Ritter, hatten es diesmal in petto – neben so bekannten Märchen wie „Dornröschen“, „König Drosselbart“, „Schneewittchen“, „Rumpelstilzchen“, „Die goldene Gans“ und „Jorinde und Joringel“.

In dem acht Stunden währenden und für Jung und Alt gleichermaßen faszinierenden Erzähl-Marathon der beiden Grimm-Schwestern ging es natürlich ganz streng der Reihe nach von den Nummern 45 („Daumelings Wanderschaft“) bis 86 („Der Fuchs und die Gänse“). Es waren auch immer wieder echte Raritäten dabei, etwa

 

„Das Gold-Ei“ „Der Sommer- und der Wintergarten“ oder „Der Okerlo“ und „Der Schmied und der Teufel“, alle vier auch nur in der Erstausgabe erfasst, dafür jetzt umso eindrücklicher vorgeführt. Denn die beiden Interpretinnen halten sich nicht sklavisch an den aufgeschriebenen Text, sondern servieren hinreißende Nacherzählungen mit erfrischendem Charme und komödiantischem Esprit.

Insbesondere Katharina Ritter verfügt über eine mimisches Ausdruckspotenzial, mit dem sie als böse Hexe, stolze Königin und giftiges Rumpelstilzchen ebenso zu überzeugen weiß wie als sabbernder alter Hofhund, störrischer Esel, bucklige Katze, lauernder Fuchs und mordlüsterner Wolf. Den vorwiegend sympathischen Figuren wie das zum Stummsein vergatterte Schwesterchen der „sechs Schwäne“ oder der „liebste Roland“ und der liebenswerte „Fundevogel“ verlieh (die baldige Mutterfreuden erwartende) Gabi Altenbach anmutige Züge.

Das im Laufe zweier Jahrhunderte mehrfach revidierte Gesamtverzeichnis der Kinder- und Hausmärchen listet 210 Titel auf. Mit den weiteren stornierten der Erstausgabe ergäbe das nochmals zwei ganze Erzähl-Marathons für die beiden Schwestern Grimm, auf die sich das Riedlinger Publikum im nächsten und übernächsten Jahr sehr freuen würde.